Was ist Kunst?

Nachdem in den letzten Monaten immer intensiver über das Thema Kunst in Museen bzw. deren Kuratierung gestritten wird, habe ich mich mit diesem Thema auseinanderge-setzt. 

Zunächst muss gesagt sein, dass uns durch Kunst überhaupt erst die möglichen unterschiedlichen Sichtweisen auffallen. Denn ein Kunde oder Konsument hat andere Begrifflichkeiten für Kunst als der Künstler oder Handwerker von sich und seinem Schaffen. Außerdem gibt es heutzutage neben der eigentlichen Kunst - dazu komme ich gleich noch - auch die „produzierte“ Kunst - die Kunst als reine Ware bzw. Kunst-Wette auf einen imaginären Wert. 

Wir müssen uns wieder darauf besinnen, was Kunst darf? MPV (My Personal View): Kunst sollte nicht der Politik, den aktuellen Dogmen oder dem gesellschaftlichen Denken dienen, sie muss eigenständig bleiben und selbst durch sich anregen und Bewusstsein schaffen. Wohl aber soll und darf Kunst das Zeitgeschehen einer Epoche spiegeln, so wie sie es schon immer getan hat. Kunst ist eben eine Momentaufnahme, wobei die Epochen immer kürzer werden, weil sich Werte, Ansichten und Themen heute viel schneller verändern oder anpassen als sie das früher getan haben. 

Kunst soll und muss unabhängig vom Künstler anregen, vorausdenken, überraschen. Kunst muss nicht zu vorderst verstanden werden, sondern empfunden. Kunst braucht auch wieder mehr Ironie. Denn das Kunstverständnis wird heute zu dogmatisch, zu demütig, ja geradezu wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Jahrhunderte lang war Kunst nur ein Abbild des Geschehenden. Kunst war auch etwas Seltenes oder im Falle von Handwerkskunst alltäglich, aber durch die Arbeit/das Schaffen an sich wertvoll. Nur wenige hatten die handwerklichen Fähigkeiten, wirklich etwas zu erschaffen. 

Heute ist Kunst allgegenwärtig - überall entsteht Kunst auf vielschichtige Weise und immer steht ein Schild dabei: das ist Kunst. Kunst wird aber erst durch das Auge des differenzierten Betrachters zur Kunst. Nicht ein Schild soll uns sagen – das ist Kunst. Schlimmer noch, wenn Kunst Kunst sein soll, weil um den Künstler bereits ein Anbetungs-Personenkult entstanden ist. Auch wird sich immer Kunst als Kunst zeigen, wenn sie über die Jetzt-Zeit bestehen bleibt, also erst im Rückblick wird sich weisen, was sich als Kunst beständig in die Köpfe eingeprägt hat. Insofern ist der Wert eines Kunstwerkes nicht nur durch die darin verarbeitete Zeit, die verwendeten Materialien und den Schaffens- bzw. den Gedankenaufwand oder gar schlicht den Preis bestimmt, sondern unterliegt einem Entwicklungsprozess, den die Kunden/Konsumenten durchmachen. Diese Werteevolution kann Jahrhunderte dauern. Über Geschmack mag sich streiten lassen, aber Kunst ist nicht Kunst, weil ein Individuum Kunst für sich definiert, sondern weil ein Werk in einer sozialen Umgebung gleiches gesammeltes Empfinden hinterlassen hat.

Alles andere - die Hypes - sind reines Marketing, geschickte Kommunikation, Manipulation und inflationäre Spekulation. Ich denke, wahre Kunst muss auch von Können kommen, wobei Können nicht nur der handwerkliche Umgang mit Materialien ist, sondern das Können, den im Kopf, Geist und Körper entstandenen Gedanken - auch Witz/ Ironie/ Wahnsinn/ Melancholie/ Mystik/ Geschichte und Geschichten - sichtbar zu machen. 


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